Die „Bratwurst-Prozession“

Bamberg ist, wie Ihr vielleicht wisst, eine sehr katholische Stadt. 1007 gründete der spätere hl. Kaiser Heinrich II. das Erzbistum. Zahlreiche Kirchen prägen bis heute das Stadtbild und an Sonn- und Feiertagen bimmeln die Kirchenglocken in der ganzen Stadt besonders laut.

2 x Fronleichnam in Bamberg!

Wie in jeder katholischen Stadt in Bayern, werden bei uns die kirchlichen Feiertage besonders gepflegt. Fronleichnam wird in Bamberg sogar gleich zwei Mal gefeiert! Warum eine der beiden Prozessionen auch „Bratwurst-Prozession“ genannt wird, werdet Ihr später noch erfahren.

Die feierliche „Große Fronleichnamsprozession“ findet seit 1390 traditionell an einem Donnerstag, genau 60 Tage nach Ostern, statt. Sie hat ihren Ausgangs- und Endpunkt am Dom und bewegt sich unter Gesängen und Gebeten durch die Altstadt. Zahlreiche Heiligenfiguren, das Bamberger Domkreuz und das Allerheiligste werden dann vor den Augen zahlreicher Gläubiger und Schaulustiger durch die Straßen getragen. Sehr viel Personal beteiligt sich an der „Großen Fronleichnamsprozession“: Pfarreien mit ihren Geistlichen und Ministranten, Mitglieder der Räte und Gremien, Honoratioren aus Stadt und Land sowie Bruderschaften, Innungen und Vereine u.v.m..

Die „Kleine Fronleichnamsprozession“

Am Sonntag nach der großen Prozession findet seit Beginn des 19. Jahrhunderts die sogenannte „Kleine Fronleichnamsprozession“ in der Gärtnerstadt statt. Sie hat ihren Ausgangs- und Endpunkt an der St. Gangolfskirche und bewegt sich von der Mittelstraße durch die Siechen- und Königstraße. Sie ist fast mehr als nur eine religiöse Veranstaltung. Sie ist ein Symbol für die Verbundenheit der Bamberger Gärtner mit ihrer Geschichte, ihrer Kultur und ihrer Gemeinschaft.

Die Straßen der Gärtnerstadt werden zu diesem Anlass fein herausgeputzt, mit Birkenzweigen, Blumen, Blütenblättern und bunten Fähnchen geschmückt.

Viele Anwohner stellen kleine Altäre auf und schmücken ihre Häuser mit gestickten Tüchern und allerlei Heiligenfiguren.

Entlang der Wegstrecke werden auch vier große Altäre mit prächtigem Blumenschmuck aufgebaut, an denen die ganze Prozession zum Gebet Halt macht.

Besonders schön ist das Kreuz in der Mittelstraße und der „Brückenaltar“ vor der Bäckerei Kerling.

Die besondere Rolle der Bamberger Gärtner

Die „Kleine Fronleichnamsprozession“ wird von den Bamberger Gärtnern durchgeführt und hat eine ganz besondere, fast familiäre Atmosphäre. Für diesen Anlass kommen die Gärtner, deren Angehörige, Anwohner und Handwerker aus den umliegenden Vierteln zusammen, um gemeinsam zu beten, zu singen und zu feiern.

Mit Stolz nehmen die Bamberger Gärtner natürlich an beiden Fronleichnamsprozessionen in Bamberg teil. Man erkennt sie schnell an den hübschen Blumenkränzen, die sie auf dem Kopf tragen und an den Anstecksträußlein.

Die Gärtner haben sogar ihre eigenen Heiligenbilder, die sie bei den Prozessionen durch die Straßen tragen. Darunter befindet sich natürlich auch der Patron der Gärtner, der hl. Sebastian. Vor der Prozession schmücken die Gärtnerfamilien gemeinsam die Skulpturen mit wunderschönen Blumenarrangements. „Ohne den lieben Herrgott wächst nichts“, sagen sie und das erklärt, weshalb dieser Berufsstand bis heute so sehr an seinen religiösen Feiern und Traditionen festhält.

Der Patron der Gärtner

An der barocken Steinskulptur des hl. Sebastian auf dem Platz bei der Gangolfskirche (Theuerstadt) wird deshalb auch ein weiterer Altar aufgebaut. Dem hl. Sebastian wird um den 20. Januar sogar noch eine eigene Prozession gewidmet, die sogenannte Sebastiani-Prozession, zu der es übrigens auch ein besonderes Gebäck gibt, die Eierringe. Warum der Gärtnermeister Sebastian Niedermaier seinen Namen trägt, brauche ich Euch an dieser Stelle wohl nicht mehr zu erklären. Auch der hl. Urban, der Patron der Häcker (Weinbauern), hat seine eigene Prozession in Bamberg.

Das „Massdä-Bild“

Das „Massdä-Bild“ (fränkisch für Meister-Bild) ist die wichtigste Darstellung und der bildliche Höhepunkt der Prozession. Sie zeigt die Szene aus dem Johannes-Evangelium, als Maria Magdalena Christus am Morgen nach der Auferstehung mit dem Gärtner (!) verwechselt und ihn mit „Rabbuni“ anspricht (hebräisch = Meister).

Die ungewöhnliche Darstellung zeigt Christus mit einem Strohhut, zu seinen Füßen kniet Maria Magdalena. Sie ist die Schutzheilige der Gärtner und wird besonders verehrt.

Eine weitere Ehre kommt diesem Bild noch zu Teil, denn die Gärtner tragen, trotz heißer Temperaturen im Juni, für dieses Bild stets feierlich schwarze Gehröcke.

Kurz mal Pause für eine Bratwurst …

Während auch nach der „Großen Fronleichnamsprozession“ traditionell Bratwürste gegessen werden und so manches Seidla getrunken wird (z.B. beim traditionellen Fronleichnamsgrillen in der Metzgerei Hornung), wird die „Kleine Fronleichnamsprozession“ kurzerhand einfach mal von den Trägern unterbrochen, um zwischendurch zum Bratwurstessen zu gehen!

Während am Altar in der Mittelstrasse gebetet wird, werden die „Bilder“ und alle Prozessionsgerätschaften, mit dem Wissen des Pfarrers, mal eben etwas abseits auf den mitgeführten Tischen abgestellt, bis es wieder weitergeht.

Der Pfarrer betet sogar für die „Sünder“ mit, die sich nach ca. 20 Minuten Pause gestärkt zum zweiten Teil der Prozession aufmachen. Diese kuriose kulinarische Unterbrechung hat der „Kleinen Fronleichnamsprozession“ auch den Spitznamen „Bratwurst-Prozession“ eingebracht.

Kurze Pause …

Eine wichtige Rolle

haben übrigens die sogenannten Stuhlträger, die während der ganzen Prozession mitlaufen und immer bereit stehen, um die schweren „Bilder“ abzustellen und den Trägern ein paar Minuten Verschnaufpause zu verschaffen.

Früher hatten die Stuhlträger noch eine weitere wichtige Funktion, nämlich die als Brautwerber. Sie sollten den Ansteckstrauß eines an der Prozession Beteiligten an seine Auserwählte weitergeben.

Und nach der Prozession …

gibt es a Seidla und Bratwürste für alle!